Jetzt ist es soweit
Eine Stunde verbrachte der Mysteriöse mit der Zubereitung, und die war einfach, so muss es objektiv berichtet werden, von einem göttlichen Endergebnis.
Ein ganz berühmter Fernsehkoch, der diese Suppe gekostet hätte, hätte erstens, wie es so seine Art war, sich schlürfend seinen Mund verbrannt und leicht zahnlos und die Luft nach innen ziehend genuschelt: ‚Heich, heich, heich!‘
Anschließend hätte er sich zweitens eine halbe Stunde vor- und zurückwippend und augenrollend zu einem endlosen ‚Hmmmmmmmmmmmmmmmmmmmh…‘ hinreißen lassen. Der Regisseur hätte längst abgewinkt und die Putzkolonne das Studio gereinigt, und er hätte immer noch verzückt vor sich hingenickt und endlich nach einem von ihm heiß angepriesenen ‚Deutschen Wein‘ gefragt, um seinen Mund zu kühlen. Aber niemand wäre noch zum Anstoßen dagewesen.Der Mysteriöse füllte mit dieser Köstlichkeit eine wunderschöne Terrine und stellte diese auf ein großes Tablett. Suppenlöffel und andere Dinge zur Bereitung des geplanten Abendmahls kamen dazu.
Er nahm das Tablett auf und balancierte es vor sich her, schob mit einer eleganten Bewegung seiner Hüfte die Tür zum Wohnraum auf und trat ein, ein Lächeln auf den Lippen: "Süppchen ist fertig."
Doch was war das? Der Raum war leer…
‚Nanü, nana?‘ dachte er bei sich, ‚Dann muss sie ja wohl noch im Badesalon sein.‘
Er bereitete derweil den Tisch vor, nachdem er das Tablett auf einem Beistelltischchen abgestellt hatte.Diverse Utensilien, wie man sie eben zum Decken einer festlichen Tafel benötigt, platzierte und arrangierte er auf dem Tisch, unter anderem natürlich auch die goldrandbesetzten Suppenteller mit dem rosafarbenporzellanbemalten Spiegel, wie sie eben nur für feine, köstliche Hühnersüppchen in Frage kommen.
Er bereitete für alle Fälle die Nie-die-Hitze-verlierende-Warmhalteplatte vor, auch so eins der Geheimnisse des Mysteriösen, setzte die Suppenschüssel darauf und setzte sich derweil in einen Sessel, noch völlig geschafft von den vielen Vorbereitungen für seinen Gast.Der ließ jedoch auf sich warten. Eine Weile drehte er noch Däumchen. Nach einer Stunde überprüfte er im Keller des Schlosses diverse Anzeiger und stellte dabei fest, dass sie das Bad längst verlassen haben musste.
‚Oh‘, dachte er nur, ‚vielleicht ist sie ja so müde geworden, dass sie gleich zu Bett gegangen ist? Aber noch muss ich ein wenig Zeit geben.‘Gastgeberlich, wie er nun einmal war, räumte er ihr einen großzügig bemessenen Zeitraum ein, den er noch abzuwarten gedachte. Eine Stunde verbrachte er mit dem Betrachten der kleinen züngelnden Flammen des Kaminfeuers. Dann nahm er aus der großen Bücherwand eins seiner Lieblingsbücher für Mußestunden, es war ein Science-Fiction-Buch, und setzte sich für eine weitere Stunde auf das Sofa und vertiefte sich in die schon huntertmal gelesene Geschichte. Er legte anschließend das Buch zur Seite und wanderte noch eine Stunde auf und ab in dem großen Raum. ‚Hm…, hm…, hm…‘, ging es ihm dabei durch den Kopf und noch einmal: ‚Hm…‘.
Selbst für ganz extravagante Geschöpfe schienen ihm fünf Stunden jetzt ein ausreichender Zeitraum zu sein, um zu baden und in einen bequemen Hausanzug oder in ein Hauskleid zu schlüpfen. Daher kam er zu dem Schluss, dass sie wirklich zu Bett gegangen sein musste. Und nachsehen konnte er ja auf keinen Fall. Das gehörte sich in diesem Schloss einfach nicht, weil es nach Sitte der Vorfahren nicht gestattet war, ungefragt in die Schlafgemächer von weiblichen Gästen zu gehen. Hätte sie Hunger gehabt, wäre sie ja im Hausanzug oder Hauskleid in den Wohnraum zurückgekommen. Da sie im Schlafgemach geblieben war, musste folglich die Müdigkeit Vorrang gehabt haben. Nun ja, das war ja auch gar nicht verwunderlich, da sie einen ganzen Tag draußen in der Kälte umhergeirrt und schließlich an seiner Türschwelle halb erfroren zusammengesunken war.
So beschloss der Mysteriöse, nicht mehr länger untätig hier seine Zeit zu vertun, sondern stattdessen ein wenig die Gegend zu durchstreifen.
Hier war ja alles wohlbestellt, falls sie aufwachte. Alles war bereit, die Suppe noch heiß. Alles in seinem Schloss war selbsterklärend, selbstreinigend und unzerstörbar, wie es sich für das Schloss eines Mysteriösen gehört.
Sie würde also als Gast in diesem Haus alles zu ihrer Erholung von den Strapazen Nötige finden und genießen können.Nach vier Stunden Untätigkeit stieg seine Laune nun ins Euphorische beim Gedanken, jetzt etwas unternehmen zu können.
Wohlgemut machte er sich also auf, hüpfte fröhlich die breiten Treppenstufen zur Eingangshalle hinab und trällerte dabei leise vor sich hin:"Auf der grünen Wiese steht ein Gockelhahn
wär‘ so gern gefahren mit der Eisenbahn.
Eisenbahn die hält, Gockelhahn steigt ein
fährt zu Tante Liese nach Düsseldorf am Rhein."Unten im Schlosshof angekommen stieg er in seinen Raumgleiter und schoss, einem Feuerstrahl gleich, in die fortgeschrittene Nacht von dannen.
Für Comic-Fans: WRRROOOOAAAMMMMM!
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